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Mittwoch, 24. September 2014

Länger als sonst ist nicht für immer von Pia Ziefle

Vergangenheit bewältigen und die Wahrheit erkennen

Lew macht sich nach dem Tod seiner Mutter auf die Reise nach Indien zu seinem Vater und gerät so auch auf die Reise in die Vergangenheit. Im Sommer 1976 in Ostberlin kommt er und sein Bruder in eine Pflegefamilie, nachdem seine Eltern Republiksfluch begangen haben. Zur selben Zeit wird in einer schwäbischen Kleinstadt ein Mädchen namens Ira geboren. Ihre Mutter kann sie nicht lieben und ihr Vater liebt sie zuviel. Aus diesem Grund darf sie ihrem Vater nie zu nahe kommen. Fido kommt als 4 Jähriger mit seinem Großvater aus einem jugoslawischen Dorf nach Deutschland, um seine Mutter zu besuchen. Die Mutter trifft er nicht, aber er und sein Großvater bleiben in Deutschland.

Die Wege dieser drei Personen Lew, Ira und Fido kreuzen sich in ihrem Leben zu unterschiedlichen Zeiten. Sie werden Freunde, verlieben sich, trennen sich und können einander nicht das geben, was sie einander gerne geben würden bzw. insgeheim suchen: Geborgenheit, Familie, eine Heimat. Aber diese Reise nach Indien ändert für Lew alles und sie öffnet ihn nach und nach die Augen für das Wesentliche im Leben.

Dieser Roman von Pia Ziefle ist ein schönes, nachdenkliches, trauriges aber zusätzlich auch ein sehr anspruchsvolles sowie bewegenes Buch. In diesem Roman beschäftigt sich die Autorin mit einigen sehr ernsten und nicht gerne angesprochenen Themen, die für die Vergangenheitsbewältigung ihrer Protagonisten sehr wichtig sind. Nur wenn sie die Wahrheit über sich, ihr Umfeld und ihre Probleme erkennen können, erst dann sind sie auch bereit in ihre eigentliche Zukunft zu starten.

Mir gefiel es wie die Autorin die Geschichte von Lew, Ira und Fido erzählt hat. Nach und nach entblättert sich eine Geschichte vor dem Leser, die ihm auch ein wenig Spielraum für seine eigenen Gedanken lässt und die ihn gerade wegen ihrer Ernsthaftigkeit nicht so schnell wieder loslassen wird. Sie gibt uns die Möglichkeit in die Gedankenwelt von Lew, Ida und beispielsweise auch deren Vater eintauchen und fördert damit Unglaubliches und auch Abscheuliches zutage. Sie fordert uns auf hinter die Vorhänge der Vergangenheit zu blicken. Wegschauen gilt nicht. Nur wer die Wahrheit erkennt kann befreit,  aber auch nachdenklich und ergriffen von der Geschichte weiterleben und daraus etwas lernen.

Ein tiefsinniges, trauriges aber auch lebenbejahendes Buch, dass ich gerne gelesen habe. Für Leser mit anspruchsvollem Lesegeschmack sehr zu empfehlen. Bewertet wird es von mir mit 9 von 10 Punkten.

© claude

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