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Freitag, 26. September 2014

Der Fluch der Zuckerinsel von Nora Berger

Unterhaltsamer historischer Liebesroman

Auf der Insel Martinique verlieben sich Anfang des 19. Jahrhundert Annabelle und Léon ineinander. Doch diese Liebe wird von ihren Familien nicht gebilligt. Beide sind die Kinder von reichen Zuckerrohr-Plantagenbesitzern, aber ihre Familien sind seit Jahren verfeindet. Zusätzlich erschüttern immer wieder Sklavenaufstände die Ruhe der Insel. Die Liebe von Annabelle und Léon ist stark, aber Léon will vor einer Heirat noch sein Medizinstudium in Paris vollenden. Aus diesem Grund verlässt er erst einmal ohne Annabelle die Insel. Aber während seiner Abwesenheit überschlagen sich die Ereignisse und Annabelle ist gezwungen ihre Liebe zu verraten. Währenddessen erleidet Leon bei seiner Überfahrt nach Europa Schiffbruch und gilt als verschollen. Schließlich flieht auch Annabelle von der Insel und besteigt ein Schiff mit Ziel Paris. Was wird sie auf dieser Reise erleben und wird sie Léon jemals wieder sehen?

Bei diesem historischen Roman von Nora Berger war ich sehr gespannt auf die Geschichte, welche  sich in diesem Buch zwischen ca. 500 Seiten verbirgt. Der Klappentext hatte mich extrem neugierig gemacht. Schließlich liebe ich Liebesgeschichte mit historischem Hintergrund. Die Autorin war mir bisher noch total unbekannt, aber das hinderte mich nicht, denn ich entdecke gerne neue Schriftsteller für mich. Das Glück war mir auch bei dieser Wahl hold. Schnell nahm mich die Liebesgeschichte um Annabelle und Léon für sich ein. Der Schreibstill passte so hervorragend zu den beiden Liebenden und auch der Fluch und die abergläubische Lebensweise bzw. Denkweise der Menschen zu dieser Zeit wurde sehr eindrucksvoll dargestellt.

Nora Berger hat hier keinen seichten Liebesroman geschrieben. Vielmehr hat sie herausgestellt wie hart das Leben Anfang des 19. Jahrhunderts sein konnte. Krankheiten und Aufstände werden sehr bildhaft dargestellt. Aus diesem Grund gab es in diesem Buch auch eine Menge Freunde und Verwandte die Annabelle zu Grabe tragen musste. Anfangs fand ich das vielleicht ein wenig störend und auch etwas brutal, aber leider war und ist das Leben nun mal hart. Nicht jeder kann gerettet werden, auch wenn ich es mir noch so sehr wünsche. Diese realistische Erzählweise hat mir zu guter letzt sehr gut gefallen und sie hat die Geschichte realistischer erscheinen lassen.

Ein sehr spannender und emotionaler historischer Liebesroman, der gerne fortgesetzt werden darf, denn leider sind nicht alle meine entstandenen Fragen beantwortet worden. Von mir bekommt dieses Buch 8 von 10 Punkte und eine klare Leseempfehlung.

© claude

Mittwoch, 24. September 2014

Länger als sonst ist nicht für immer von Pia Ziefle

Vergangenheit bewältigen und die Wahrheit erkennen

Lew macht sich nach dem Tod seiner Mutter auf die Reise nach Indien zu seinem Vater und gerät so auch auf die Reise in die Vergangenheit. Im Sommer 1976 in Ostberlin kommt er und sein Bruder in eine Pflegefamilie, nachdem seine Eltern Republiksfluch begangen haben. Zur selben Zeit wird in einer schwäbischen Kleinstadt ein Mädchen namens Ira geboren. Ihre Mutter kann sie nicht lieben und ihr Vater liebt sie zuviel. Aus diesem Grund darf sie ihrem Vater nie zu nahe kommen. Fido kommt als 4 Jähriger mit seinem Großvater aus einem jugoslawischen Dorf nach Deutschland, um seine Mutter zu besuchen. Die Mutter trifft er nicht, aber er und sein Großvater bleiben in Deutschland.

Die Wege dieser drei Personen Lew, Ira und Fido kreuzen sich in ihrem Leben zu unterschiedlichen Zeiten. Sie werden Freunde, verlieben sich, trennen sich und können einander nicht das geben, was sie einander gerne geben würden bzw. insgeheim suchen: Geborgenheit, Familie, eine Heimat. Aber diese Reise nach Indien ändert für Lew alles und sie öffnet ihn nach und nach die Augen für das Wesentliche im Leben.

Dieser Roman von Pia Ziefle ist ein schönes, nachdenkliches, trauriges aber zusätzlich auch ein sehr anspruchsvolles sowie bewegenes Buch. In diesem Roman beschäftigt sich die Autorin mit einigen sehr ernsten und nicht gerne angesprochenen Themen, die für die Vergangenheitsbewältigung ihrer Protagonisten sehr wichtig sind. Nur wenn sie die Wahrheit über sich, ihr Umfeld und ihre Probleme erkennen können, erst dann sind sie auch bereit in ihre eigentliche Zukunft zu starten.

Mir gefiel es wie die Autorin die Geschichte von Lew, Ira und Fido erzählt hat. Nach und nach entblättert sich eine Geschichte vor dem Leser, die ihm auch ein wenig Spielraum für seine eigenen Gedanken lässt und die ihn gerade wegen ihrer Ernsthaftigkeit nicht so schnell wieder loslassen wird. Sie gibt uns die Möglichkeit in die Gedankenwelt von Lew, Ida und beispielsweise auch deren Vater eintauchen und fördert damit Unglaubliches und auch Abscheuliches zutage. Sie fordert uns auf hinter die Vorhänge der Vergangenheit zu blicken. Wegschauen gilt nicht. Nur wer die Wahrheit erkennt kann befreit,  aber auch nachdenklich und ergriffen von der Geschichte weiterleben und daraus etwas lernen.

Ein tiefsinniges, trauriges aber auch lebenbejahendes Buch, dass ich gerne gelesen habe. Für Leser mit anspruchsvollem Lesegeschmack sehr zu empfehlen. Bewertet wird es von mir mit 9 von 10 Punkten.

© claude

Freitag, 19. September 2014

Gastrezension - Constable & Toop von Gareth P. Jones

Lizenz zum Spuken

Das ist eine Kopie der Londoner Anwohner-Liste. In der rechten Spalte ist jedes Geisterhaus in London aufgelistet. In der linken steht der Bewohner und das Datum seiner Geistgeburt. Doris hat die andere Kopie. Sie müssen nach London und sie finden. … Antworten Sie nicht. Mrs. Pringle wird Sie mit allen Lizenzen und Erlaubnisscheinen ausstatten, die Sie brauchen. Viel Glück, Lackwood.“

London im Jahre 1884. Lapsewood hat sich an sein Dasein gewöhnt. Seit seinem Tod und seiner Geistgeburt geht er jeden Morgen ins Amt, um in der Abfertigungsabteilung neue Todesfälle zu bearbeiten. Der neue Auftrag, den er jetzt bekommen hat, wird ihn zurück in die Welt der Lebenden führen – für Lapsewood eine enorm stressige Angelegenheit. Was er dann aber entdeckt, lässt aus dem Stress ganz schnell einen Alptraum werden: Eine Gefahr, die die gesamte Geisterwelt bedrohen kann! Immer mehr Geister verschwinden spurlos und Geisterhäuser werden von einer unheimlichen Seuche befallen, die „Schwarze Fäule“ genannt wird. Eigenartigerweise scheint das Amt keinerlei Interesse zu haben, gegen diese Bedrohung anzugehen. Zum Glück findet Lapsewood noch Verbündete in seinem aussichtslos erscheinenden Kampf: Einen Geisterjungen namens Thanner und den 13jährigen Sam, der der Sohn eines Leichenbestatters ist und als „Sprechender“ die seltene Gabe besitzt, nicht nur als Lebender Geister sehen, sondern auch mit ihnen sprechen zu können…

In diesem Jugendbuch wird eine komplette neue Welt geschaffen, eine Welt von Geistgestalten, die überall um uns Lebende herum existiert. Diese Welt wird so detailliert beschrieben, dass ich gleich an Harry Potter erinnert wurde – nur, dass es sich hier nicht um Zauberer, sondern um Geister handelt. In diese Welt einzutauchen, machte mir großen Spaß. Ich las, wieso man nach seinem Tod zum Geist wird und was es mit der unsichtbaren Tür auf sich hat. Ich erfuhr, was Geister so mit ihrer Ewigkeit anfangen und wie überaus bürokratisch so ein Geisterdasein verwaltet wird. Ich lernte schüchterne Geister kennen und angeberische, faule und ehrgeizige, nette und bösartige. Wer denkt, dass so ein Geist einfach drauflos spuken kann, der irrt sich gewaltig…

„Ich habe eine Lizenz für seltene Sichtbarkeit, bis zu sechzig Prozent auf der Undurchsichtigkeits-Skala, entsprechend dem Regelwerk über das Spuken an öffentlichen Orten.“ „Was heißt’n das?“, fragte Tanner. „Es heißt, er taugt fürs Touristengeschäft“, antwortete Lapsewood.

Wie man an diesem Zitat schon merken kann, steckt auch eine Menge Ironie in der Geschichte. Das macht Spaß und ist allein schon sehr unterhaltsam – aber dieses Buch kann noch mehr: Es wird sehr spannend und stellenweise richtig, richtig schaurig. Ich würde daher empfehlen, die Altersempfehlung, die wohl bei 12 Jahren liegt, nicht zu unterschreiten. Das Cover ist meines Erachtens nach irreführend, denn es spricht sicher auch jüngere Kinder an. Meine 16jährige Tochter, die sich schon durch diverse Bücher von Stephen King gelesen hat, las dieses Buch auch und sie bestätigte mein Gefühl. Sie empfand vor allem das hier eingearbeitete Thema Exorzismus als unpassend für jüngere Kinder.

Eine weitere besondere Welt, die hier erschlossen wird, ist die von Sam, dem schon erwähnten 13jährigen Sohn eines Leichenbestatters. Als „Sprechender“ steht er in ständigem Kontakt mit Geistern und übernimmt (da er sehr gutmütig ist) häufig Botenfunktion für diese. Trauernden Angehörigen noch Nachrichten zu übermitteln oder noch nicht geregelte Erbschaftsangelegenheiten zu ordnen kann aber ganz schön nervenaufreibend sein, weswegen Sam seine Gabe nicht selten als Belastung empfindet…

Ein Klopfen war zu hören, ungleich jedem weltlichen Geräusch. Und doch war es eins, das Sam viele Male zuvor gehört hatte. Es war das Geräusch, das Geister vernahmen, bevor sie durch die Unsichtbare Tür traten. „Das ist für mich, nicht wahr?“, sagte Viola. Sam nickte. „Ich habe Angst.“ „Ja“, sagte Sam. Er hatte keine beruhigenden Worte für Viola Trump. Sie würde gleich durch eine Tür treten, die zu irgendetwas führte, was außerhalb von Sams Vorstellungskraft lag. Er erwartete keinen Dank und er erhielt auch keinen. Die Toten waren selten dankbar für seine Hilfe.

Sam ist ein wirklich sympathischer Junge und man fühlt richtig mit ihm mit. Noch weitere liebenswerte Charakter tauchen auf und die Geschichte ist – trotz der vielen Toten ;-) – sehr lebendig geschrieben. Die Kapitel sind kurz und die insgesamt 350 Seiten sollten auch von 12jährigen bewältigt werden können, die sich noch nicht an etwas dickere Bücher gewagt haben. Allerdings weiß ich nicht, ob sie schon die Ironie der Geisterverwaltung wahrnehmen werden. Und bei besonders sensiblen 12jährigen würde ich überlegen, vielleicht noch zwei Jahre mit der Lektüre zu warten oder sie zumindest dabei zu begleiten.

Als erwachsener Leser habe ich mich mit dem Buch an keiner Stelle gelangweilt, es war witzig, spannend und gruselig. Mich hat persönlich nur gestört, dass einige sehr nette Charaktere (oder Daseinsformen ;-) ein sehr unschönes Ende genommen haben. Natürlich weiß ich, dass nicht immer nur die Guten siegen, aber speziell bei diesem Buch hätte mich ein wenig mehr Happy End gefreut. Es ist ja nun auch wirklich kein Buch, das irgendeine Botschaft vermitteln oder sehr realistisch daherkommen will. Wobei – wer weiß das schon…?

Fazit: „Von Geistern empfohlen“ steht auf dem Cover, ich schließe mich da gerne an und zitiere den Geist von Edgar Allan Poe, der nach der Lektüre schrieb: „Constable & Toop ist ein Buch voller Leben und vollgepackt mit Tod. Alles in allem eine großartige makabre und amüsante Erzählung.“ Aber bitte nicht für jüngere Kinder!

© Manu

Mittwoch, 17. September 2014

Die Lügen der Anderen von Mark Billingham

Wer sagt die Wahrheit?

Im Urlaub in Florida treffen drei englische Pärchen zufällig auf einander und freunden sich in den restlichen Urlaubstagen an. Sie verbringen den schönsten Teil des Jahres zusammen, trinken Drinks am Pool, gehen zusammen essen, feiern und faulenzen in der Sonne. An sich der perfekte Urlaub. Doch dann verschwindet am letzten Urlaubstag aus der Hotelanlage ein Mädchen, dass später tot aufgefunden wird.

Die drei Paare bleiben auch nach dem Urlaub weiterhin in Kontakt, laden sich gegenseitig zum Essen ein und lernen sich immer besser kennen. Wer von ihnen hat etwas zu verheimlichen und welche Lügen gibt es noch zu entdecken bzw. zu lüften?

Dieser Thriller von Mark Billingham bringt nach und nach Dinge ans Licht, die auf den ersten Blick verborgen sind und mit guten Lügen verschleiert wurden. Der Autor enthüllt Schritt für Schritt das Seelenleben der einzelnen Protagonisten und bringt den Leser somit immer weiter in der Geschichte voran. Fordert ihn geradezu direkt auf weiterzulesen, um auf den nächsten Seiten eine weitere Wendung, eine weitere Lüge, eine Unwahrheit in ihrer Geschichte bzw. Aussage zu entdecken. Er lässt uns langsam hinter die Fassade jedes einzelnen Paares blicken. Immer nur kurze Einblicke. Einblicke in das Seelenleben, Einsichten in das Zusammenleben, Eindrücke des jeweiligen Tagesablaufes oder auch weitere Hintergründe zum bisherigen Vorleben der Protagonisten. All diese Informationen werden sich letztendlich zu einen Gesamtbild zusammenfügen und der Autor präsentiert uns eine ganz neue, bis dato unbekannte Wahrheit.

Durch den Erzählstil war der Thriller für mich sehr unterhaltsam und spannend gestaltet. Ich hatte Anfangs verschiedene Lösungsansätze im Kopf, war mir lange Zeit nicht ganz sicher was genau in Florida passiert ist. Leider wusste ich dann aber schon einige Seiten vor der endgültigen Auflösung durch den Autor die richtige Antwort auf die aufgeworfenen Fragen. Aus diesem Grund kann ich trotz allem bisherigen verteilten Lob für das Buch nicht die komplette Punktzahl vergeben. Wirklich sehr schade.

Dieser anspruchsvolle Thriller bekommt von mir einen kleinen Punktabzug und erhält somit 8 von 10 Punkte. Es hat sehr viel Spass gemacht dieses Buch von Mark Billingham zu lesen und der Geschichte bis zum Ende zu folgen. Ich kann es jedem Thrillerfan auch als Empfehlung ans Herz legen.

© claude

Freitag, 12. September 2014

Gastrezension - Das Geheimnis des Strandvogts von Volker Streiter

Spannende Spurensuche zwischen Dünen und Watt

Mit einem Mal flog die Tür zum Wohnraum auf, und die massige, leicht gebeugte Gestalt eines Mannes füllte den Rahmen. Ohne ein Wort des Grußes trat er auf die Leiche zu. Ein kurzer Blick auf das Antlitz und den dürftig wieder bekleideten Körper, dann griff er dessen Schulter und drehte ihn um. Brummend deutete er auf die Wunde am Hinterkopf und blickte in die Augen des Pastors. „Was soll das mit dem Kapitalverbrechen? Busso Dahl wird betrunken hingeschlagen sein. Jeder auf der Insel weiß, wie gern er seinem Schnaps zusprach. Tragisch genug für die Familie unseres Postläufers, sind ja alles Habenichtse.“   (S. 42)

Strandvogt Hinrich Gulderling muss schnell erkennen, dass er sich in diesem Fall irrt. Der tote Postläufer, der im Watt gefunden wurde, wurde eindeutig ermordet! Eine Wunde am Hinterkopf, eine im Schulterblatt steckende Harpune und diverse Holzpflöcke, mit denen er am Meeresboden fixiert wurde, sprechen eine deutliche Sprache. Eine Untersuchung ist so leider unumgänglich.

Amrum, im September 1845. Der reisende Schriftsteller Johann Georg Kohl hatte sich seinen Aufenthalt auf der Insel ganz anders vorgestellt. Von der Dünenlandschaft Amrums hatte er schon einiges gehört, nun sollten seine Eindrücke von der Insel der Stoff für sein nächstes Buch werden. Doch schon auf der Hinfahrt durchs Watt werden seine Gedanken abgelenkt: Weg von den Dünen und hin zu diesem grauenhaften Mordopfer, das er und seine Mitreisenden entdecken. Schnell ist seine Neugier geweckt und er beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln…

Ein tolles Buch! Ich hatte viel Spaß beim Lesen! Der Krimi-Handlung fehlte nichts, es gab für mich jede Menge Aspekte, die zum Miträtseln einluden. Wer konnte ein Motiv haben, wer die Gelegenheit? Was steckt hinter all den Gerüchten, die über den Toten, den Standvogt und den Dünenjungen Nickels verbreitet werden? Es blieb spannend bis zum Schluss, der eine ordentliche Auflösung hatte und dabei nochmal überraschte.

Wichtig auch die starken Charaktere, von denen wir hier gleich mehrere haben. Neben dem Schriftsteller gibt es hier beispielsweise die junge Dina Martensen, eine starke und selbstbewusste Frau, die Johann unterstützt und sich zudem für einen jungen Außenseiter einsetzt. Auf einer Insel mit einer überschaubaren Menge an Bewohnern und einem Vogt, der ganz sicher nicht zum Sympathieträger taugt, sind das sehr mutige Aktionen!

Natürlich ist auch der Vogt zu erwähnen. Ob man ihn mag oder nicht – Eindruck hinterlässt ein Mann wie er immer. Dann gibt es eine alte „Kräuterfrau“, die den nicht vorhandenen Arzt ersetzt und über wirklich jeden Tratsch informiert ist, den es so auf der Insel gibt. Weiter geht es mit einem sittenstrengen Pastor, seinem rebellischen Sohn und natürlich Nickels, dem oben schon erwähnten Außenseiter, der mein absoluter Lieblingscharakter war.

Schön fand ich auch, wie hier die Stimmung in den Dorfgemeinschaften dargestellt wird. Dieses Getratsche, die Lästereien, die Vorurteile – schlimm, aber absolut glaubwürdig.

„Auf dieser Insel hängt alles zusammen. … Die Leute wissen voneinander zu viel, und christliche Vergebung gibt es nur am Sonntag.“

Wie es sich für einen guten historischen Krimi gehört, gibt es den passenden zeitlichen Rahmen für die Handlung. Der Alltag ist von harter körperlicher Arbeit geprägt, beinahe jede Familie ist Kummer und Leid gewöhnt. Gleichzeitig kann sich ein leidenschaftlicher Leser über Tischgespräche freuen, die sich um die damals aktuellen Werke von Hans Christian Andersen oder Charles Dickens drehen. Noch weitere berühmte Namen werden auftauchen und ich wünsche jedem viel Spaß beim Entdecken dieser Textpassagen! Ich hatte ihn jedenfalls.

All das findet dabei vor einer wirklich beeindruckenden Kulisse statt. Denn natürlich gibt es reichlich Schilderungen der Natur, der Dünen, des Watts. Ich sah in meinem Kopfkino mächtige Wolkenformationen über den Himmel ziehen, fühlte den starken Wind im Gesicht… Auch wenn wir es hier mit dem Amrum des 19. Jahrhunderts zu tun haben, merkt man deutlich, dass der Autor diese Insel sehr mag.

Fazit: Eine spannende Spurensuche zwischen Dünen und Watt! Dieser historische Amrum-Krimi bekommt eine volle Leseempfehlung von mir.

© Manu

Mittwoch, 10. September 2014

Der Sommer der Freiheit von Heidi Rehn

Der Krieg verändert das Leben

1913 -  Die Welt ist Anfang des 20. Jahrhunderts noch in Ordnung. Selma, Tochter einer angesehenen Zeitungsverlegerfamilie aus Bonn ist wie jedes Jahr mit ihrer gesamten Familie in Baden-Baden um die Sommerfrische zu geniessen. Mit ihrem Vater, den Abgeordneten, ihrer Mutter, dem Bruder, der gerade die Bestätigung für seine Pilotenausbildung erhalten hat und ihrer Großmutter, die heimlich unter einem Pseudonym Geschichten in Zeitschriften veröffentlicht. Sie alle geniessen den Sommer 1913 sowie das elegante Ambiente in Baden-Baden.

Selma allerdings wartet ungeduldig auf ihren Verlobten Gero, der Anwalt in Berlin ist. Selma hat gerade ihren Führerschein gemacht und der ausbleibende Gero sendet ihr sein Auto als Ersatz. Aus Langeweile und Ungeduld getrieben unternimmt Selma mit ihren Bruder einige Ausflüge in die nähere Umgebung und lernt so ihre neue Freundin Constanze kennen. Bei weiteren Ausflügen mit ihrer neuen Freundin kommt es auch zu einer Begegnung mit dem französischen Fotografen Robert und schon bald ist dieser neue Freund ein Feind ihres Vaterlandes. Welchen Weg werden Selma, Constanze, Gero und auch Robert in Zeiten des ersten Weltkriegs gehen?

Es scheint in diesem Jahr sehr viele historische Romane zum Thema des Ausbruchs und den Verlauf des 1. Weltkriegs zu geben. Das ist durchaus nicht verwunderlich schreiben wir doch das Jahr 2014. Erst hundert Jahre sind seit diesem Ereignis, diesem Teil der deutschen Geschichte vergangen.

Dieser Roman von Heidi Rehn beginnt bereits vor den endgültigen Ausbruch des Kriegs und zeigt auf wie unbeschwert der Sommer 1913 noch gewesen sein muss. Die Bevölkerung rechnete nicht mit dem Schlimmsten, denn ein Ausbruch des Krieges war für sie unvorstellbar.

Immer wieder kann ich in historischen Aufzeichnungen lesen, dass die Deutschen wirklich ganz fest glaubten es würde nur ein kurzer Krieg. Heute wissen wir wie sehr sie sich damals getäuscht haben. Viele Menschen mussten unnötig sterben und ich hatte beim Lesen das Gefühl die Resignation und Frustration der Soldaten und der Bevölkerung auch zu spüren. Die Autorin transportiert sehr anschaulich wie zunehmend frustrierend der Kampf in jedem weiteren Kriegsjahr gewesen sein muss.

Selma und Constanze sind starke Frauen in einer Zeit des Kampfes und des Umschwungs. Sie haben im Lauf der Geschichte meine Sympathie gewonnen, aber nicht immer konnte ich all ihre Entscheidungen nachvollziehen, dass könnte natürlich daran liegen, dass ich nicht alle Konventionen dieser Zeit so wirklich verstehen kann bzw. will.

Insgesamt war die Geschichte von Heidi Rehn sehr ansprechend, interessant und auch sehr unterhaltsam. Leider haben mich aber einige Zeitsprünge ein wenig gestört. Aus diesem Grund kann ich leider nicht die volle Punktzahl geben. Somit gebe ich 8 von 10 Punkte und eine Leseempfehlung für Freunde von historischen Romanen.

© claude


Dienstag, 9. September 2014

Heute gab es tolle Post

Für alle die es noch nicht wissen. Ich studiere ab diesem Monat wieder. Ich habe mich entschieden in meinem Berufsleben noch einmal neue Wege zu beschreiten und werde aus diesem Grund noch einmal die Schulbank drücken. Ich freue mich nun viel Neues zu lernen und bin schon sehr gespannt auf das Studienfach Bibliothekswissenschaften.

Für so ein Zweitstudium zu einem zulassungsbeschränktem Studienfach muss man sich aber auch ein bisschen ins Zeug legen. Eine einfache Bewerbung und ein erreichter Numerus Klausus reichen hier nicht. Es sollte auch noch ein überzeugendes Motivationsschreiben eingereicht werden. Auch ein Vorpraktikum von 4 Wochen in einer Bibliothek meiner Wahl war vonnöten.

Aber all dies habe ich geschrieben, eingereicht und auch abgeleistet. Nun ist es geschafft und ich darf meiner Leidenschaft für Bücher, eBooks, Lesungen und auch der Beratung von Lesern weiter nachgehen. Und aus diesem Grund und zur Feier des Tages habe ich mich dann auch mal belohnt. Oder vielleicht sollte ich sagen ich habe etwas schönes für meine Bücher gekauft ;-)

Danke Ela von Elas Schmuckkästchen für deine tolle Arbeit. Es ist immer wieder ein Vergnügen mit meinen Wünschen zu dir zu kommen und dein Service ist einmalig. Hier könnt ihr sehen was ich mir schönes gekauft habe. Sind die Lesezeichen nicht toll? Hier kommt ihr auch zu Elas Shop.

© claude






Freitag, 5. September 2014

Wilder Wacholder von Susanne Schomann

Ich möchte mehr von Lunau lesen

Dr. Kjell Loewenthal zieht zurück in sein Heimatdorf Lunau. Dort will er sich endlich als Landarzt niederlassen und mehr Zeit mit seiner Mutter verbringen. Doch die Ruhe in der Lüneburger Heide wird gestört. Arbeitet doch seit einigen Monaten die hübsche Isabell bei seiner Mutter im Kaffee und die bringt sein Leben ganz schön durcheinander. Denn Isabell ist vor ihrer tragischen Vergangenheit in Cornwell auf der Flucht. Lunau bedeutet für sie einen beruflichen Neubeginn, aber mit der Anwesenheit des neuen Doktors scheint auch ein anderer neuer und vielversprechender Weg möglich zu sein. Die Beiden fühlen sich zueinander hingezogen, aber eine neue Liebe ist für Isabell momentan nicht das wichtigste, denn ihre Vergangenheit scheint sie einzuholen. Auch scheint Kjell sich gegen die Gefühle von Isabell zu sperren, obwohl ihr erster Kuss soviel versprochen hatte.

Ach ja mal wieder eine tolle Geschichte zum Träumen, zum Verlieben aber auch zum Rätseln. Dank der Autorin Susanne Schomann machte ich eine Reise in die Lüneburger Heide und lernte den kleinen Ort Lunau und ihre netten Bewohner kennen. Ich lernte den sympathischen Landarzt Kjell kennen, der für seine Freunde da ist, wenn sie ihn brauchen. Der aber wohl anscheinend auch wundervoll küssen kann. Ich machte die Bekanntschaft mit Isabell, die eine hervorragende Bäckerin ist und der auch der Hund des Landarztes nicht widerstehen kann. Auch weitere Bewohner dieses fiktiven Ortes werden von der Autorin sehr genau, lebensecht und ansprechend beschrieben, dass ich mir das Leben dort sehr gut vorstellen kann und gerne mal Urlaub dort machen würde.

Besonders gerne würde ich auch einmal die Torten der gutaussehenden Bäckerin probieren. Aber dafür hat Susanne Schomann auch eine Lösung mitgeliefert. Am Ende des Buches findet der Leser die Rezepte von einigen im Buch erwähnten Köstlichkeiten, die ich gerne einmal nachbacken werde. Hoffentlich gelingen sie mir auch und sie sind dann so köstlich wie in der Beschreibung der Autorin.

Eine Liebesgeschichte mit einem kriminalistischen Anteil ganz nach meinem Geschmack. Bis zum Ende hat mich die Geschichte von Isabell und Kjell in Atmen gehalten. Von mir bekommt dieses tolle Buch 10 von 10 Punkte und eine Leseempfehlung.

Ich freue mich schon auf weitere Geschichten aus Lunau, die sich dann mit weiteren Bewohnern dieses Ortes beschäftigen und das besondere Flair von Lunau wieder aufleben lassen.

© claude

Donnerstag, 4. September 2014

Das Haus am Alsterufer von Micaela Jary

Hamburg Anfang des 20. Jahrhunderts

Diese Familiensaga beginnt im Jahre 1911 in Hamburg. Der Reeder Victor Dornhain hat drei sehr verschiedenen Töchter. Die kreative Nele, die Malerei in München studiert. Die kämpferische Ellinor, die einmal das Familienunternehmen übernehmen soll sowie die verwöhnte und egoistische Lavinia, die immer ihren Kopf durchsetzen will. Genau dieser Dickkopf von Lavinia bereitet Victor Dornhain arge Kopfschmerzen, denn sie will unbedingt den Architekten Konrad Michaelis heiraten. Dass sie mit dieser Heirat ihre Schwester Nele sehr unglücklich macht ahnt Lavinia nicht, denn diese liebt den Bräutigam im Verborgenen. Etwa zur selben Zeit kommt ein neues Hausmädchen zu den Dornhains, die 16-jährige Klara Thießen. Sie ist die illegitime Tochter des Reeders, aber nur er und seine Mutter Charlotte Dornhain wissen darüber bescheid. Dann drei Jahre später bricht der 1. Weltkrieg aus. Dieser verändert das Leben der Familie und das Schicksal sorgt dafür, dass die Karten noch einmal neu gemischt werden.

Dieser historische Roman der Autorin Micaela Jary hat mir sehr gut gefallen. Schnell habe ich mich in die Geschichte einfinden können, was unter anderen dem tollen und auch sehr angenehmen Schreibstil der Autorin zu verdanken ist. Auch hat sie es mit einer Leichtigkeit geschafft zu jedem Ende eines Kapitels meine Neugierde aufrecht zu erhalten und mich somit dazu animiert die Geschichte immer direkt weiterverfolgen zu wollen.

Besonders angenehm fand ich es, dass die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln der jeweiligen Protagonisten erzählt wurde. So hatte ich immer das Gefühl jeden in der Familie heimlich über die Schulter zu schauen. Ich war mittendrin in den Ereignissen, den Geschehnissen und Tragödien, welche die Familie erlebte bzw. durchlebte. Fast fühlte ich mich wie ein Mitglied der Familie, ein stilles Mitglied, dass heimlich alles beobachtet und hofft, dass sich alles zum Guten wendet. In diesem Buch wurde vorrangig die Geschichte von Lavinia, Nele, Konrad und auch Klara erzählt. Gerne hätte ich unter anderem noch weitere Details über Ellinor und ihr Leben erfahren. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es hier noch eine weitere Geschichte von der Autorin geben wird.

Insgesamt hat mir die Geschichte der Familie Dornhain sehr gut gefallen und Micaela Jary hat mich mit ihrer Schrebikunst als neuen Fan gewonnen. Gerne lese ich auch noch weitere Bücher der Autorin und bewerte dieses Buch mit der vollen Punktzahl, also mit 10 Punkten.

© claude

Mittwoch, 3. September 2014

Stigmata von Beatrix Gurian

Rätselhafte Bilder

Kurz nach dem tödlichen Unfall ihrer Mutter erhält Emma von einem Unbekannten einen rätselhaften Brief und eine alte Schwarz-Weiß-Fotografie, die ein Kleinkind zeigt. In diesem Brief wird Emma aufgefordert die Mörder ihrer Mutter zu suchen. Hinweise deuten darauf hin, dass Emma die Täter im Umfeld eines Jugendcamps finden kann. Dies wird in einem abgelegenen und heruntergekommenen Schloss in den Bergen veranstaltet. Als Emma in dieser unwirtlichen Gegend eingetroffen ist findet sie immer wieder unheimliche Fotografien, die aus der Vergangenheit des Schlosses und ihrer Mutter zu stammen scheinen. Zusätzlich gibt es mysteriöse und rätselhafte Zwischenfälle im Campalltag, die Emma immer mehr beunruhigen...

Dieser Thriller für Jugendliche hat mich beim Lesen sehr gepackt und zusätzlich zu extrem vielen Spekulationen veranlasst. Immer wieder hatte ich neue Ideen, wer hinter den seltsamen Vorgängen im Camp stecken könnte. Alle Teilnehmer und auch die Veranstalter des Camps kommen für die Zwischenfälle in Frage, alle verhalten sich irgendwie seltsam, alle scheinen ein Geheimnis zu haben. Aber ich habe bis zum Ende gerätselt wie diese Geheimnisse aussehen und ob sie etwas mit dem Tod von Emmas Mutter zu tun haben.

Beatrix Gurian schafft es in ihrem Buch meisterhaft immer wieder neue Fragen aufzuwerfen und Verwirrungen zu schaffen, wenn ich glaubte dem Rätsel endlich auf der Spur zu sein. Somit hat sie es in meinen Augen sehr gut geschafft die Spannung bis zum Ende aufrecht zu erhalten und meine Fantasie anzuregen. Schlussendlich hatte ich mir die wildesten Theorien zusammengereimt und wurde dann aber doch noch mit dem Ende überrascht.

Ist das Buch inhaltlich durch die Erzählweise der Autorin bereits sehr ansprechend, unheimlich und auch sehr spannend gestaltet, so wird dieser Jugendthriller aber auch visuell sehr stark durch den Einsatz der bereits erwähnten Bilder unterstützt. Der Leser muss sich die genannten und beschriebenen Fotos, die sich überall im Schloss auffinden lassen, nicht selbst vorstellen. Vielmehr haben die Autorin und ihr Mann die Bilder für dieses Buch erstellt. Mit dem Einsatz dieser Bilder schaffen sie es die unheimliche Stimmung für den Leser noch zu verstärken. Mir hat die Umsetzung dieser Idee sehr gut gefallen und ich bewerte aus diesem Grund das Buch mit 10 von 10 Punkte.

Ein wirklich toller Jugendthriller der visuell einiges zu bieten hat und der auch ältere Leser begeistern kann.

© claude