Wunderschön!
„Seine Augen flogen über die bekannten Zeilen. In seinem Kopf
verwandelten sie sich in den Klang fremder Stimmen, die desto deutlicher
zu ihm sprachen, je tiefer er den Sinn des Gelesenen erfasste. Immer
dichter wurde die Atmosphäre, die die Worte um ihn herum erschufen.
Immer konkreter wuchs das Bild einer neuen Umgebung heran. Ein Luftzug
streifte ihn. Hatte er in seiner Wohnung ein Fenster offengelassen?
Plötzlich fühlte er sich beobachtet. Er spürte es ganz deutlich und hob
überrascht den Kopf. Die Stimmen waren verklungen und er stand auf einem
hell gepflasterten Platz inmitten einer fremden Stadt.“
Eigentlich
hatte Ron sich Shakespeares „Romeo und Julia“ nur deshalb ausgeliehen,
weil er hoffte, dass die schöne Unbekannte, der er in die Bibliothek
gefolgt war, in diesem Buch einen Hinweis oder eine Botschaft für ihn
versteckt hatte. Doch kaum hat er mit der Lektüre begonnen, findet er
sich auch schon mitten in Verona wieder. Und während Romeo um Julia
wirbt, trifft Ron in Rosalia genau die von ihm gesuchte schöne
Unbekannte wieder.
Doch im festgelegten Handlungsgefüge
eines Romans ist es nicht einfach, eine eigene Geschichte zu erleben.
Die Suche nach dem ganz persönlichen Happy End wird Ron und Rosalia
durch mehrere Werke der Weltliteratur führen: Von Shakespeares Verona
über Puschkins Russland bis hin zu Cervantes‘ Don Quijote…
Welcher
leidenschaftliche Leser ist noch nie in einem Buch „versunken“? Wer hat
noch nie alles um sich herum vergessen, ist in Gedanken selbst Teil der
Handlung geworden? Wer hat noch nie in der Öffentlichkeit für Aufsehen
gesorgt, weil er – lesend in der S-Bahn sitzend – plötzlich laut
losgelacht hat? Und wer hat bei einem Buch mit traurigem Inhalt noch nie
zum Taschentuch greifen müssen?
Bei den Buchwanderern
verschwimmen Realität und Fiktion, Ron muss sich manches Mal fragen, was
denn nun für ihn die Wirklichkeit ist. Diese Geschichte habe ich mit
großer Faszination und manchmal auch mit etwas Neid gelesen: So gerne
hätte ich auch auf diesem Platz in Verona gestanden! Was soll ich sagen?
Ich bin in dem Buch versunken!
Der Schreibstil ist
wundervoll, jeder Satz fein formuliert. Manche Passagen waren so schön,
dass ich sie mehrfach gelesen habe – und sie anschließend noch meinem
Mann, meinem Sohn und meiner Tochter vorgelesen habe. Und zwar jedem
einzeln ;-)
Wieviel Zauber in einem Satz liegen kann!
Mir, der für gewöhnlich Liebesgeschichten nicht sehr reizvoll findet,
ist an einer Stelle so das Herz aufgegangen, dass ich diese Passage hier
kurz zitieren möchte:
„Ruckelnd beschrieb die
Straßenbahn gerade eine unharmonische Kurve, als ein äußerst unsanfter
Rempler ihn zurück in seine Realität stieß. Ein kantiger Rucksack hatte
seine Schulter hart gestreift. Um Entschuldigung bittend drehte sich die
junge Besitzerin des Rucksacks zu ihm um. Leuchtend grüne Augen trafen
ihn schutzlos bis auf den tiefsten Grund seiner Seele. Smaragdaugen.
- Tut mir leid. – Ihre Stimme klang hell und klar.
- Nichts passiert -, antwortete er und sprach, ohne es zu wissen, die größte Lüge seines Lebens aus.“
Die größte Lüge seines Lebens. Wunderschön!
Britta
Röder versteht es wirklich, die richtigen Worte zu finden. So gibt es
neben reichlich phantastischen Schilderungen, romantischen Passagen und
spannenden Momenten Abschnitte, in denen ich herzhaft lachen musste.
Meine diesbezügliche Lieblingsstelle beginnt mit den Worten: „Sag mal,
wie geht es eigentlich der alten Großtante Agathe…?“ Jeder, der das Buch
schon gelesen hat, weiß, was nun kommt. Und allen anderen sage ich:
Lest es nach!
Fazit: Ein wunderschönes Buch! Lesen - und darin versinken!
Hier geht es zur Leseprobe.
© Manu
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