Hochemotional und intensiv
„Vor zwei Stunden hat sie sich ausgezogen, sie hat sich
hingelegt, ohne sich einzucremen. Sie will, dass die Sonne sie
verbrennt, dass ihre Haut schreit, wenn sie gefunden wird. Nackt will
sie sein. Endlich nackt. Niemand mehr, der es ihr verbietet. Kein Vater.
Keine Mutter. Allein auf dem Boot, ihre Brüste, die Hüften, die Beine,
die Arme. Dieses Lächeln auf ihren Lippen und wie sie sich leicht zur
Musik bewegt. Nirgendwo sonst möchte sie jetzt sein. Noch drei Stunden
wird sie liegen bleiben, sich strecken, sich räkeln, den Sommer in sich
aufsaugen. Drei Stunden lang, oder vier. Bis die beiden endlich
untergehen. Bis sie aufhören zu schreien. Bis sie aufhören, Wasser nach
oben zu spritzen. Bis sie endlich still sind.“
Blum
ist Bestatterin. Nach dem Tod der Eltern hat sie den Familienbetrieb
übernommen, in dem sie ihrem Vater schon als Kind täglich bei der
Versorgung der Leichen helfen musste. Nun, alleine in dem Betrieb,
beginnt sie ein neues Leben, ein glückliches Leben. Mit einem Ehemann,
den sie liebt und der sie liebt, mit zwei kleinen Töchtern, denen sie
die wunderschöne Kindheit geben will, die sie selbst nie hatte. Ihr
glückliches Leben endet, als ihr Mann bei einem Verkehrsunfall stirbt.
Als Blum erfährt, dass es kein Unfall war, sondern ihr Mann – ein
Polizist – ermordet wurde will sie wissen, wer dahinter steckt. Als sie
es erfährt, nimmt sie sich der Angelegenheit an. In ihrer ganz
speziellen Weise…
Was für ein Buch! Schon nach der
kurzen Einführung der Protagonistin war ich fasziniert. Die Person, die
der Sympathieträger in dem Buch sein soll, entpuppt sich schon zu Beginn
als eiskalte Mörderin. Gut, es wird sehr eindringlich geschildert, wie
sie zu dem werden konnte, was sie jetzt ist. Trotzdem lief mir erstmal
ein Schauer über den Rücken. Nach diesem Wahnsinns-Beginn gab es für
mich und das Buch nur noch eins: weiterlesen, weiterlesen, weiterlesen.
Und es hat sich gelohnt!
Blums Jagd nach den Mördern
ihres Mannes ist hochspannend und gleichzeitig sehr emotional. Wie sie
mit ihnen umgeht ist aufgrund ihrer Erfahrung als Bestatterin recht
„kreativ“ und wer es gerne mal etwas blutiger mag, kommt hier auf seine
Kosten. Trotzdem blieb mir Blum sympathisch und ich hoffte mit ihr – so
gruselig es mir auch manchmal vorkam – dass sie bei ihren „Aktivitäten“
erfolgreich sein würde.
Dass ich so nah an ihr und
ihren Gefühlen bleiben konnte, lag sicher auch am Schreibstil. Auch
dieser war ungewöhnlich und zeichnete sich durch meist sehr kurze Sätze
aus, die manchmal nur aus einem oder zwei Worten bestanden. Darin
empfand ich deutlich das Gefühlschaos, die starken Emotionen, die in
Blum wühlten. Wer von einem Gefühl so stark betroffen ist, so viele
Ängste auszustehen hat, so viel Kummer empfindet, denkt auch nicht in
langen Sätzen! Für mich waren diese kurzen Sätze daher von einer
ungeheuren Intensität und am Ende stand für mich die faszinierende
Erkenntnis, dass ich Kapitel für Kapitel mit einer Frau mitgebangt habe,
die in jedem anderen Werk einfach nur den Part der psychopathischen
Serienmörderin innegehabt hätte.
Wer sich für dieses Buch und für das Thema interessiert kann hier eine Leseprobe finden.
© Manu
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